Zwischen Seligenstadt und dem Frankfurter Stadtteil Fechenheim hat die Fischerzunft Steinheim auf den 32 Flusskilometern das alleinige Fischerrecht. Und das seit fast 600 Jahren. Einer dieser Fischer ist Olaf Adam.
Region Hanau – „Bei uns besteht jedoch die Besonderheit, dass das Fischereirecht als Erbrecht immer nur von Vätern und Müttern an die Söhne und Töchter weitergegeben wird“, sagt Olaf Adam, der zweite Vorsitzende der Fischereizunft. Er nimmt die Fischereiprüfungen ab, vergibt Angelkarten, kontrolliert als Fischereiaufseher, ob die Angler sich an Vorschriften halten und fährt regelmäßig mit einem kleinen Motorbetriebenen Fischerboot aus Aluminium raus auf den Main.
In einem sogenannten „Nachen“ ist Adam praktisch aufgewachsen. „Das erste Mal bin ich mit meinem Vater rausgefahren, als ich drei war“, erinnert er sich. „Da hat er mich schon mit zum Reusen holen mitgenommen und seitdem bin ich am Main und auf dem Main aufgewachsen“, sagt er und lacht. Heute tritt sein 28-jähriger Sohn Alexander in seine Fußstapfen. Meist fahren sie gemeinsam raus. Einer steuert den Nachen, der andere holt die Doppel-Reusen, etwa 16 Meter lange Netzschläuche, ein. Bei dem schwankenden Boot vornübergebeugt die schweren Netze einzuholen erfordere viel Übung, wie der Fischereimeister erklärt.
Adams Netz wurde von ihm von Hand gestrickt
Bis vor 25 Jahren war die Fischerei in Hanau jedoch traditionell ein reines Männerhandwerk. Denn man braucht viel Kraft. Aber auch vor 600 Jahren musste jeder Fischer bereits gut stricken und die eigenen Netze flicken können. Denn diese filigranen Handarbeiten werden in der Gesellenprüfung ebenso abgefragt, wie das Fahren eines Nachen, das Werfen der Fischernetze und das Einholen der Reusen. „Früher musste man als Meisterstück ein Rundnetz mit einem Durchmesser von sieben Metern stricken“, sagt Adam. „Das hat schon mal ein ganzes Jahr gedauert.“ Auch er hat sein Netz noch selbst von Hand gestrickt.
Die Ausbildung zum Fischer beginnt in der Steinheimer Zunft mit zwölf Jahren, drei Jahre später steht die Gesellenprüfung, wieder drei Jahre später die Meisterpfrüfung an. Dann, wenn sich andere nach dem Abitur mit 18 Jahren beruflich orientieren, haben die Jungfischer schon einen Meisterbrief in der Tasche. „Von der Main-Fischerei kann heute aber keiner mehr leben“, sagt der 53-Jährige. „Es gibt zwar eine hohe Artenvielfalt, aber die Masse ist einfach nicht mehr da. Ich hätte das gerne hauptberuflich gemacht, aber das rechnet sich einfach nicht. Was wir fangen, setzen wir eigentlich selber in den Main.“ Ein Traum von ihm wäre es aber schon gewesen, sagt er. Nun verbringt er jede freie Minute am Main und arbeitet hauptberuflich seit 30 Jahren als Versicherungskaufmann. „Ich mache das aber auch gern, gerade der Umgang mit Menschen macht unwahrscheinlich viel Spaß.“
Aale legen zwischen 5000 und 7000 Kilometer zurück, so der Fischer aus Hanau
Jährlich setzen die Vereinsmitglieder für etwa 20 000 bis 30 000 Euro Fische in den Main, die sie von zertifizierten Aufzuchtfarmen kaufen. „Den Aal zum Beispiel müssen wir setzen“, sagt Adam, „der laicht nämlich nur im Saragossosee südlich der Bahamas.“ Von dort aus wandert er durch Binnengewässer im Laufe seines Lebens wieder flussaufwärts zu seinem Geburtsort. 5000 bis 7000 Meter legt er dabei zurück und wird vom Süßwasser- zum Salzwasserfisch. Im Main würde er durch die Wasserkraftwerke ohne die Fischerzunft jedoch nicht ankommen, wie Adam erklärt. „Die Chance, dass er da zerhackt werden würde, ist relativ hoch.“
Das Geld für den Fischbesatz gewinnt der Verein durch die Ausgabe der Angelkarten. „Wenn wir unser Fischerreirecht nicht auf diese Weise weitergeben würden, dürfte zwischen Seligenstadt und Frankfurt niemand einen Fisch fangen.“ Dabei ist es nicht nur die Aufgabe, sondern sogar gesetzliche Pflicht, dass der Verein für einen artenreichen Fischbestand sorgt. Dabei müssen sie auch steuernd eingreifen, damit nicht eine Art, wie die laichfressende Grundel, andere verdrängt. „Vor zwei, drei Jahren hatte ich auf einen Aal 200 Grundeln in der Reuse“, sagt Adam. Daher galt es, das Gleichgewicht wieder herzustellen und der Grundel Raubfische entgegenzusetzen, auf deren Speiseplan der kleine Fisch steht. „Jetzt kommen etwa zehn Grundeln auf einen Aal.“
Adam räuchert den in Main gefangenen Fisch selbst
Den Aal mag Adam besonders gern, nicht nur wegen seiner faszinierenden Lebensweise, sondern auch wegen des Geschmacks. „Ich räuchere den Aal jede Woche donnerstags, und meine Frau und ich verkaufen den dann auf dem Markt in Bruchköbel.“ 200 bis 400 Aale fängt er so pro Jahr. „Der Erlös ist dann für die Urlaubskasse“, sagt er und lacht.
Heute ist er einer der letzten aktiven Fischer auf dem Main. Denn obwohl die Zunft noch 43 Mitglieder hat, die allesamt das Fischereirecht inne haben, seien viele durch ihr Berufsleben so eingespannt, dass schlicht die Zeit fehle.
25 Fischarten leben im Main
Von Aal bis Zander leben 25 Fischarten im Main. Der größte Süßwasserfisch von allen, ist der Wels, der im Main bis zu zweieinhalb Meter lang und bis zu 70 Kilo schwer werden kann. Während man kleinere Welse noch bedenkenlos verspeisen kann, sind besonders große Exemplare ab zwei Metern für den Menschen ungenießbar. Aber Auch Arten, die im Main eigentlich nicht heimisch sind, wie die Schwarzmaul- oder Donaugrundeln haben sich nach der Erschließung des Main-Donau-Kanals das gesamte Fluss-Territorium erobert. Obwohl sie nur maximal 15 Zentimeter groß werden, sind sie zu einer Gefährdung für heimische Fischarten geworden. Denn die bevorzugte Leibspeise der Grundeln sind Fischeier. Da das Nahrungsangebot für Fische im Main jedoch generell relativ gering ist und es auch an Laichflächen fehlt, setzt die Fischerzunft Steinheim vermehrt auf heimische Raubfische wie Barsch, Aal und Hecht, die Grundeln fressen. jj
August 04, 2020 at 07:07PM
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Das bedeutet Fischen auf dem Main: Fischereizunft Steinheim gibt Einblicke - op-online.de
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