Es müssen nicht immer die Skyline von New York sein, die Rialto-Brücke oder der Eiffelturm. Gerade in diesem Jahr könnte man touristisch auf zu neuen Ufern, mal weg vom Mainstream, ein bisschen gegen den Strom schwimmen, wie viele unserer Fische auf dem Weg zu ihren Laichgebieten. Wie wäre es, sich mit einem Eis in der Hand vor eine heimische Fisch-Treppe zu setzen anstatt vor die spanische Treppe in Rom?
Wer jetzt zusammenzuckt… Nein, unsere Fische sind noch nicht so mutiert, dass sie Treppen steigen könnten. Fische sind genauso lauf-faul wie Menschen. Sie schwimmen lieber. Aber manchmal brauchen sie dafür etwas Unterstützung. Und es entsteht spektakuläre Architektur in deutschen Flüssen wie der Wendeltreppenturm für Fische bei Kiel, auch Helix-Turmfischpass genannt. Hier können Fische die Flossen entspannt hängen lassen: Sie werden durch Strudel zum oberen Fluss gewirbelt. Gegen den Strom schwimmen – in seiner weichgespülten Variante.
Kritiker bemängeln, dass die Fische zunehmend weniger leisten müssen. Früher stellten die Betonwände von Wehranlagen und Staustufen noch eine Herausforderung dar. Auch so ein Fall: Die Fisch-Aufstiegs-Schnecke, eine gute Aufstiegsmöglichkeit, auch für weniger gebildete Fische. Eine archimedische Schraube schaufelt die Fische hoch. Ob alle Fische diese wilde Fahrt gut finden oder ob sie bei dem ganzen Auf und Ab in der Spirale nicht doch seekrank werden?
Barrierefrei reisen ist für Wasserbewohner in Deutschland zunehmend möglich
Es geht aber auch ruhiger: in der nigelnagelneuen Aufzug-Anlage für Fische, in der Unteren Ruhr bei Essen, die gerade ihre Testphase erfolgreich hinter sich gebracht hat. Ja, wirklich: Ein Aufzug für Fische. Genau genommen sogar ein Doppel-Lift: Flussaufwärtsschwimmer können nach oben, Abwärtsschwimmer nach unten. Bis zu fünf Minuten müssen sich die je Fahrt bis zu 800 Fische gegenseitig anschweigen, dann haben sie die neun Meter Höhenunterschied geschafft und werden wieder ausgekippt. 800 Fische auf engstem Raum ohne Mund-Nasen-Schutz. Hoffentlich sind da keine Fressfreinde dabei. Wäre sehr schlecht, wenn der Aufzug dann stecken bliebe.
Aber dennoch, die Vorteile überwiegen: ein Aufzug für Fische ist absolut seniorentauglich und auch für schwimmeingeschränkte oder müde Fische eine große Hilfe. Barrierefrei reisen ist für Wasserbewohner in Deutschland zunehmend möglich – dank erfindungsreicher, bestaunenswerter Architektur. Da könnte sich die Deutsche Bahn mal ein Beispiel dran nehmen. Sie hat es noch nicht geschafft, alle Bahnhöfe mit Aufzügen auszustatten – die Quappen, Koppen und Aale in der Unteren Ruhr hingegen haben schon einen Doppel-Lift.
August 17, 2020 at 01:41PM
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Ende der Welt - Die tägliche Glosse: Lift für Fische - BR24
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