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Thursday, August 13, 2020

Jahrelange Trockenheit: Hauptsorge Wassermangel bei regionaler Fischzucht - Mitteldeutsche Zeitung

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Torgau -

Fast zärtlich hält der Fischer einen Karpfen im Arm und betrachtet ihn liebevoll wie ein Neugeborenes. Die Figur an der Fischerstele in Wermsdorf steht geradezu symbolisch für das Verhältnis der Region zum Fisch. „Wir haben die Pflicht, uns um das Wohl des Lebens zu kümmern“, sagt Georg Stähler, Geschäftsführer der Teichwirtschaft Wermsdorf im Nachbarkreis Nordsachsen, der Deutschen Presse-Agentur.

Doch trotz aller Fürsorge: Den Fischen in Sachsens Zuchtteichen geht es nicht gut. Schuld ist die seit Jahren anhaltende Trockenheit, die den wechselwarmen Tieren und damit auch der Teichwirtschaft im Freistaat zusetzt. „In ganz Sachsen ist die Situation angespannt“, betont Stähler, der auch Vizepräsident des Sächsischen Landesfischereiverbandes ist. Der Verband hatte in einem Positionspapier vor „Schwierigkeiten bei der Bewirtschaftung von Teichen durch die nichtkalkulierbare Wasserversorgung“ gewarnt.

Stress für die Fische

Seit vier Jahren, so Stähler, wird der Wassermangel immer größer. Es gebe von seinem Betrieb bewirtschaftete Teiche ohne Wasser oder solche, die so wenig Wasser haben, dass der Fischbestand gefährdet ist. Weniger Wasser heißt schnellere Erwärmung. Das bringt den Kreislauf der Fische in Wallung. „Die Fische kommen in Stress.“ Sie fressen weniger, was sich auf ihre Größe und Qualität auswirkt. Und Fressfeinde wie der Kormoran haben bei Niedrigwasser leichteres Spiel.

Fischerstele

Die Fischerstele von Wermsdorf

Foto:

Woitas/DPA

Von etwa 8.500 Hektar Teichfläche in Sachsen bewirtschaften die Wermsdorfer rund 650 Hektar - eine Fläche, gut dreimal so groß wie Monaco. Neben dem durch das traditionelle Volksfest „Horstseefischen“ bekannten gleichnamigen See gehören noch Döllnitz- und Göttwitzsee sowie in Torgau der Große Teich dazu. Mit 175 Hektar Wasserfläche ist er der größte Teich Deutschlands.

Die Teichwirtschaft in Sachsen ist ein oft übersehener Wirtschaftsfaktor. Die Oberlausitzer Teich- und Heidelandschaft zum Beispiel sei eine über Jahrhunderte gewachsene Kulturlandschaft, sagt Landwirtschafts- und Umweltminister Wolfram Günther (Grüne). Nach seinen Angaben werden im Freistaat jährlich zwischen 3.000 und 3.500 Tonnen Fisch produziert.

„Wir sind bundesweit zweitgrößter Produzent von Karpfen nach Bayern. Das ist also nicht irgendeine Nische, sondern das ist etwas, was ganz wesentlich ist“, betont der Minister. Nach Angaben von Verbandsvizepräsident Stähler beschäftigen die rund 50 Betriebe zwischen 200 und 300 Mitarbeiter. Auf dem Wasser des Horstsees spiegelt sich die Sonne.

Doch der idyllische Schein trügt. Dem ohnehin eher flachen See fehlt ein Meter zum normalen Wasserstand. Im benachbarten Döllnitzsee sind es drei Meter weniger. Die Bennewitzer Teichgruppe ist komplett ausgetrocknet. Stähler beklagt eine geschrumpfte Wasserfläche: Nach seinen Angaben sind 100 Hektar nicht oder nur teilweise nutzbar, weitere 100 Hektar haben eine reduzierte Fläche. „Wir haben jetzt einen Wasserstand wie im September 2019 - und wir wissen nicht, was der August noch bringt“, sagt der Fischzuchtmeister.

Schuld ist die Dürre. „Die Trockenheit ist nicht neu, es steigert sich nur“, sagt Stähler. Der Horstsee zum Beispiel ist ein so genannter Himmelsteich, weil er sich überwiegend aus Schnee und Regen speist. Niederschläge insbesondere im Herbst und Winter sind essenziell. „Was jetzt fällt, hilft uns gar nicht“, betont der Geschäftsführer.

Ein Wetter mit Sonne und Wind sei der Feind der Teiche. Dadurch würden pro Tag und Hektar zwischen 1.000 und 10.000 Liter Wasser verdunsten. Auch dies, sagt Stähler, sei nicht neu. Doch während früher vorbeugend die Teiche zum Ausgleich höher gefüllt worden seien, sei das heute nicht möglich. „Wenn jetzt im Winter nichts kommt, wird es eng.“ Das Landwirtschaftsministerium kennt das Problem. „Wir sehen das“, sagt Günther.

Man müsse das Wassermengenproblem in den Griff bekommen. Schließlich wolle man auf regionale Wertschöpfungsketten ein großes Augenmerk legen und vernünftige Absatzmöglichkeiten organisieren. Welche Maßnahmen dafür ergriffen werden sollen, ließ er offen.

Deutlich geringere Erträge

Der Schaden derzeit ist beträchtlich: 30 Prozent Ertrag fallen weg, sagt Stähler. „Wenn wir dieses Jahr 200 Tonnen hinbekommen, können wir zufrieden sein.“ Allerdings steht die Teichwirtschaft Wermsdorf wirtschaftlich noch gut da. Mit 14 Mitarbeitern wurden in den vergangenen Jahren im Schnitt zwei Millionen Euro Umsatz erzielt. „Die finanzielle Seite ist bisher wie immer“, so der Geschäftsführer.

Ein hoher Bekanntheitsgrad und viele Käufer in der Gegend sicherten einen guten Absatz. „Wir haben noch die alteingesessenen Fischesser“, meint Stähler. Verkauft wird der Fisch direkt, an Anglerverbände, andere Fischzuchtbetriebe und Verarbeiter.

Neben Karpfen sowie Schlei oder Weißfische züchten die Wermsdorfer seit rund 15 Jahren auch Stör. Der wegen des Kaviars beliebte Fisch macht laut Stähler inzwischen etwa ein Drittel des Umsatzes aus. „Das hat sich als ganz gute Bank erwiesen.“

Der Wermsdorfer aber gibt sich keinen Illusionen hin: Teichwirtschaft allein in ihrer traditionellen Weise sei nicht zukunftsfähig. „Wir müssen umdenken.“ So müsse über ein mehrjähriges Abfischen nachgedacht werden, statt nur einmal im Jahr. Zu den Überlegungen gehöre auch eine effizientere Wasserführung von Teichketten.

Das Wasser in Teichen zu stauen und für kurze Zeit Fische einzusetzen, um sie bald wieder herauszuholen, hat sich aus Stählers Sicht nicht bewährt. Die Fische hätten keine Zeit zum Wachsen und keine gute Qualität. „Man tut dem Fisch nichts Gutes“, meint Georg Stähler - ganz im Sinne der Fischerfigur an der Stele. (mz/dpa)




August 13, 2020 at 03:44PM
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